"DeR MaRkT rEgElT dAs"

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Umut
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Hey zusammen :)

Wir hören öfter aus der Politik wenn sie sich weigern in bestimmte Dinge einzugreifen, "dass der Markt das schon regeln werde". Aber wenn ich das richtig verstehe haben nur die einen nennenswerten Einfluss auf den Markt die die größte Kaufkraft haben. Das ist aber nunmal nicht Günther der seit 40 Jahren auf dem Bau arbeitet sondern Elon der der reichste Mann der Welt ist oder Familie Quandt denen BMW gehört und dementsprechend sehr starken Einfluss auf die Automobilindustrie in Deutschland hat.
Meine Frage ist jetzt, macht das den Spruch antidemokratisch? Denn in einer Demokratie hat die Familie Quandt im Idealfall genau so viel Einfluss wie Günther mit nur 2 kreuzen am Wahltag. (Lobbyarbeit und so mal ignoriert) und ich denke nicht dass all die Dinge die zur zeit "vom Markt geregelt" werden sollen, auch vom Markt geregelt werden sollen. ZB Gesundheitswesen, Versicherungen, Bildung....

Freue mich auf die Diskussion mit euch und euren Ideen und Meinungen! :)

Lg Umut
Über den Tellerrand schauen? Was bist du denn bereit zu sehen?
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Frank
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Sehr gutes Thema!

Grundsätzlich ist die Aussage, "der Markt regelt das", der oft von liberalen Wirtschaftsexperten und -politikern zu hören ist, fragwürdig. Bestimmen wir den Markt als das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage, welches das Ergebnis menschlicher Interaktionen ist, dann ergibt sich das Problem, dass der Markt abhängig ist von den Beteiligten, von ihren Handlungsweisen, Absichten und Plänen -- also von Menschen.
Können wir annehmen, dass alle Personen ethisch und moralisch agieren? Wenn die Antwort Nein lautet (und ich sehe leider keine Veranlassung dies anders zu sehen), kann auch der Markt nicht moralisch und ethisch sein. Menschen handeln in der Wirtschaft nach ihren eigenen Interessen. Wenn aber diese Individualinteressen mit den Interessen der Gesellschaft oder der Umwelt konfligieren, kann der Markt das selbstverständlich nicht regeln -- er kann dann nicht mal das Überleben der Spezies sicherstellen.
"Es ist nicht aus der Güte des Metzgers, des Bierbrauers oder des Bäckers, dass wir unser Essen erwarten", schreibt Adam Smith, "sondern aus ihrer Rücksicht auf ihr eigenes Interesse." Handel, Güterproduktion und Innovation sind seiner Ansicht nach auf das Gewinnstreben zurückzuführen. Ohne Anreiz auch keine Wirtschaft. Man fragt sich, warum dann Menschen ehrenamtlich tätig sind, oder Care-Arbeit verrichten, obwohl es hier keinen wirtschaftlichen Ausgleich gibt.
Wir können also einschränken: Menschen verrichten Arbeit auch unentgeltlich, wenn sie andere Motivationen dafür haben. Diese Leistungen sind auf dem Markt gar nicht zu handeln, sie brauchen ihn nicht und der Markt nimmt sie auch nicht wahr, da sie sich nur schwer mit einem Preisschild versehen lassen. Wir können also festhalten, dass es einen erheblichen Teil menschlicher Tätigkeiten gibt, die nicht vom Markt erfasst werden und demnach auch nicht durch ihn geregelt werden. Alles regelt der Markt also nicht.
Man kann auch einen Schritt weitergehen, und sich fragen, welche zerstörerische Wirkung der Markt auf jene Teile einer Gesellschaft hat, die sich ihm entziehen wollen, oder gar nicht von ihm vereinnahmt werden können. Friedrich Nietzsche schreibt kritisch: "Der Markt ist die rohe, ungezügelte Kraft, die alles ausbeutet und alles zerstört, was nicht auf Profit ausgerichtet ist." Vom Regeln und Ordnen ist hier gar nicht mehr die Rede, es geht um Auslöschung und Dominaz. Und zeigt sich nicht allzu oft, dass der Markt sich sogar der Regulierung entziehen will? Sei es in der Finanzwirtschaft, in der Fleischindustrie oder der fossilen Energiewirtschaft. Wo die Interessen von Unternehmen gegen die Interessen von Menschen oder der Umwelt stehen, kann man vom Markt notwendig erwarten, dass er gerade keine Regelung findet, sie einen fairen Ausgleich schafft. Regulierung, die nur aus dem Markt heraus gedacht wird, ist nichts anderes als eine Herrschaft des Geldes. Extrinsische Eingriffe sind aber oft notwendig, um sicherzustellen, dass Unternehmen sich verantwortungsvoll verhalten. Und schließlich stammt dieses Denken aus einem Jahrhundert des Überflusses und der Ignoranz. Die Idee, dass der Markt alles regelt, basiert auf der Annahme, dass Wirtschaftswachstum und Profitmaximierung die obersten Prioritäten sind. Dies führte und führt jedoch zu einer Ausbeutung von Ressourcen, einer Gefährdung von Menschenleben und der systematischen Zerstörung der Umwelt. Man müsste also sagen: Der Markt regeln das, aber eben nicht langfristig nachhaltig, ethisch gerecht und demokratisch transparent.
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Umut
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Frank hat geschrieben: 09 Mär 2023, 18:22 Alles regelt der Markt also nicht.
Man kann auch einen Schritt weitergehen, und sich fragen, welche zerstörerische Wirkung der Markt auf jene Teile einer Gesellschaft hat, die sich ihm entziehen wollen, oder gar nicht von ihm vereinnahmt werden können. Wo die Interessen von Unternehmen gegen die Interessen von Menschen oder der Umwelt stehen, kann man vom Markt notwendig erwarten, dass er gerade keine Regelung findet, sie einen fairen Ausgleich schafft. Regulierung, die nur aus dem Markt heraus gedacht wird, ist nichts anderes als eine Herrschaft des Geldes. Extrinsische Eingriffe sind aber oft notwendig, um sicherzustellen, dass Unternehmen sich verantwortungsvoll verhalten. Und schließlich stammt dieses Denken aus einem Jahrhundert des Überflusses und der Ignoranz. Die Idee, dass der Markt alles regelt, basiert auf der Annahme, dass Wirtschaftswachstum und Profitmaximierung die obersten Prioritäten sind. Dies führte und führt jedoch zu einer Ausbeutung von Ressourcen, einer Gefährdung von Menschenleben und der systematischen Zerstörung der Umwelt. Man müsste also sagen: Der Markt regeln das, aber eben nicht langfristig nachhaltig, ethisch gerecht und demokratisch transparent.
Ja! sehe ch genau so, es gab letztens einen Artikel, weiß jetzt leider nicht mehr welche Zeitung es war, in der stand das immer mehr OPs und Behandlungen die unnötig wären oder nicht das effektivste sind durchgeführt werden, einfach nur um eine Quote zu erfüllen. Ich glaube nicht, dass man dann noch vertrauen gegenüber den Ärzten bringen kann wenn man drei mal am Knie operiert wird obwohl physio gereicht hätte. Würde mich nicht wundern wenn das einer der Gründe ist weshalb Esotherik und Homöopathie (musste grad googeln wie man das schreibt) im kommen sind....
Frank hat geschrieben: 09 Mär 2023, 18:22
Man kann auch einen Schritt weitergehen, und sich fragen, welche zerstörerische Wirkung der Markt auf jene Teile einer Gesellschaft hat, die sich ihm entziehen wollen, oder gar nicht von ihm vereinnahmt werden können.
würde ich damit also bestätigen!
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