Zukünfte gestalten (5/5)
Warum Zukunft nicht vorhergesagt, sondern erfunden werden muss
Die Zukunft ist offen. In einer Welt voller Unsicherheiten – vom Klimawandel über technologische Umbrüche bis zu gesellschaftlicher Fragmentierung – reicht es nicht, nur Krisen zu analysieren. Wir müssen beginnen, Zukunft zu gestalten. Und dafür brauchen wir mehr als Statistiken, Tools und Modelle: Wir brauchen Vorstellungskraft, Mut und Empathie. Kurz: eine neue Kultur der Zukünfte.
In diesem Artikel geht es darum, wie spekulative Zukunftsentwürfe in Bildung, sozialer Innovation und kollektiver Imagination eine zentrale Rolle spielen – und wie Fantastik, Wissenschaft und Spiel gemeinsam den Wandel ermöglichen.
Dies ist der fünfte und letzte Artikel einer Serie.
Den ersten Artikel findest Du hier:
Krisen unserer Zeit – Kunst, Spiel und Fantastik als Katalysatoren des kreativen Wandels (1/5)
Auch weitere Artikel und Themen-Talks von und mit Sascha Pogacar handeln von ähnlichen Themen, wie z.B. Kim Stanley Robinsons Klima-Zukünfte – ClimateFiction und Klimakrise, Zukünfte 2023 – Ein Versuch über Eskapismus, Klimazukünfte 2050, KI-Generatoren und den Blick zurück aus der Zukunft. oder Zukunft ohne Angst: Warum wir jetzt antidystopisch denken müssen. Weitere Inhalte von Sascha Pogacar finden sich auch unter https://www.narramur.de oder https://www.saschapogacar.de.
Spekulatives Denken: Warum Imagination politisch ist
Zukunftsdenken ist nie neutral. Ob bewusst oder unbewusst, unsere Vorstellungen von morgen beeinflussen, wie wir heute handeln. Deshalb ist es entscheidend, welche Bilder wir von der Zukunft entwickeln. Wird sie von Angst geprägt – oder von Hoffnung? Von technokratischer Kontrolle – oder von gemeinschaftlichem Handeln?
Spekulative Fiktionen sind keine Flucht, sondern eine kreative Rückbindung an die Realität. Sie erlauben uns, Alternativen zu entwerfen: Städte nach dem Klimawandel, Bildungssysteme jenseits von Leistungsdruck, Formen des Zusammenlebens jenseits von Konkurrenz. Sie zeigen, dass es auch anders – und besser – gehen könnte.
Bildung als Möglichkeitsraum
Gerade in der Bildung eröffnen spekulative Erzählräume neue Wege. Sie vermitteln nicht nur Faktenwissen, sondern stärken Zukunftskompetenzen: Kreativität, kritisches Denken, Perspektivwechsel, emotionale Intelligenz. Wenn Schüler*innen eine Welt entwerfen, in der Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammen gedacht werden, dann lernen sie nicht nur über Wandel – sie lernen, ihn sich vorzustellen.
Formate wie Zukunftswerkstätten, Rollenspiele oder narrative Szenarien fördern aktives, partizipatives Lernen. Sie machen die Lernenden zu Autor*innen ihrer eigenen Zukunft – und stärken das Vertrauen in die eigene Gestaltungsfähigkeit.
Soziale Innovation durch kollektive Imagination
Auch im gesellschaftlichen Wandel spielen spekulative Methoden eine wachsende Rolle: In Design Thinking-Prozessen, Visioning-Workshops oder partizipativen Stadtentwicklungen werden Zukunftsbilder gemeinsam erarbeitet. Kommunen, NGOs oder Unternehmen laden Bürger*innen ein, über Alternativen nachzudenken – nicht als Konsumierende, sondern als Mitgestaltende.
Diese Formate verbinden Kopf und Herz, Analyse und Hoffnung. Und sie schaffen etwas, das wir in Zeiten der Krise dringend brauchen: die Fähigkeit, gemeinsam daran zu glauben, dass Wandel möglich ist.
Wenn Wissenschaft erzählbar wird
Wissenschaft ist essenziell für den Wandel – aber oft schwer zugänglich. Erst in Verbindung mit Storytelling, künstlerischer Visualisierung oder spielerischer Interaktion wird sie für viele Menschen greifbar. Projekte wie Klimatheater, Wissenschaftscomics oder immersive VR-Erfahrungen machen Prognosen erfahrbar – und ermöglichen Teilhabe an komplexem Wissen.
So wird aus Daten Emotion, aus Theorie Verantwortung – und aus Fakten kulturelle Wirksamkeit.
Das Spiel als Labor der Zukunft
Das Spiel ist ein einzigartiger Erfahrungsraum: Hier darf ausprobiert, verkörpert, verhandelt und gelernt werden. Spieler*innen entwickeln neue Regeln, testen Utopien, erproben Kooperation. In narrativen Spielen oder Rollenspielen kann man erleben, was es bedeutet, in einer Welt ohne fossile Energien zu leben – oder in einer, in der Gerechtigkeit oberstes Prinzip ist.
Durch das Spiel entstehen Übungsfelder für Wandel. Es macht Komplexität erlebbar, stärkt Resilienz und bindet Menschen emotional an Veränderung.
Fazit: Die Zukunft gehört denen, die sie sich vorstellen können
In einer Welt im Wandel brauchen wir Erzählungen, die verbinden – nicht nur beschreiben. Die ermutigen – nicht nur warnen. Die unsere Vorstellungskraft nähren – damit wir aus ihr heraus handeln können. Fantastik, Wissenschaft und Spiel schaffen gemeinsam eine neue Art des Zukunftsdenkens: hoffnungsvoll, menschenzentriert, inklusiv.
Wenn wir lernen, spekulativ zu denken, gemeinsam zu träumen und neue Wege zu erspielen, dann kann aus Krise tatsächlich Wandel werden – und aus Unsicherheit ein Raum für Mögliches.
Epilog: Aus der Krise in die Kraft – gemeinsam Zukunft erfinden
Diese Blogreihe hat gezeigt: Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen – aber wir sind nicht machtlos. Indem wir unsere kollektive Vorstellungskraft aktivieren, kreative Wege gehen und neue Allianzen bilden, können wir eine resiliente, gerechte und lebenswerte Zukunft gestalten.
Die Zukunft ist keine Prognose. Sie ist ein kreativer Akt. Und er beginnt mit der Frage:
Was wäre, wenn …? – Mit Hoffnung, Wissenschaft und Vorstellungskraft.
Diese Artikelreihe soll Anstoß zur Diskussion und Anlass für Gespräche sein. Bei Fragen, Ideen, Gedanken, Kritik und Gesprächsbedarf stehe ich gerne unter der E-Mail sascha.pogacar@ivfsf.de, hier in den Kommentaren oder bei einem Offenen-Verbands-Talk, an jedem dritten Montag eines Monats ab 20:00 unter https://www.whereby.com/ivfsf, zur Verfügung.