(Bezahlte) Spielleitung im Rollenspiel – Meine Gedanken
Mit dem Artikel „SL Mieten – Für Rollenspiel bezahlen?“ hat Oliver diese Artikelreihe gestartet. Vor einiger Zeit hat er mich zu meiner Meinung zu dem Thema gefragt. Darüber musste ich eine ganze Weile nachdenken und um ehrlich zu sein, so ganz sicher bin ich mir immer noch nicht. Aber vielleicht hilft das Schreiben dieses Artikels mir ja bei der Meinungsfindung zu „bezahlte Spielleitung im Rollenspiel“.
Zuerst einmal zu meiner Person. Mein Name ist Norbert Mösl und ich bin 39 Jahre alt. Ich spiele seit ungefähr 20 Jahren Pen & Paper. Die ersten 10-12 Jahre spielte ich mit zwei „klassischen Freundesrunden“. Schon im ersten Jahr begann ich damals auch zu leiten. Ab 2014 begann ich dann meine Fühler weiter auszustrecken. Ich stellte neue Systeme vor, suchte neue Leute zum Testen dieser und begann generell in der Community bei uns in Tirol aktiv zu werden. Von da an wurde es immer mehr: Oneshots, Einsteigersessions, Vorträge, GM-Coaching, Blogbeiträge, Admin/Moderator in Community-Gruppen, ein großes Rollenspielprojekt, internationale Online-Runden und schließlich auch die Gründung eines Rollenspiel-Vereins bei uns in Tirol.
Als Spielleiter habe ich ungefähr 700 Sessions geleitet und als Spieler ungefähr 1200 gespielt. Dabei habe ich sehr viele Systeme kennen gelernt und geleitet, DnD und DSA sind dabei meine Hauptsysteme. Ich habe mich im Bereich Spielleiten und Worldbuilding auch weitergebildet. Zusätzlich habe ich meine eigenen Leitungen oft kritisch betrachtet und Feedback dazu eingeholt. Mit dieser erarbeiteten Expertise könnte ich mich ohne Weiteres in die Reihen der „DMs for Hire“ einordnen, dennoch habe ich noch nie für eine Session Geld verlangt.
Dabei verdiene ich durchaus mit Rollenspiel etwas Geld. Als Autor veröffentliche ich auf der DMGuild und auf DrivethruRPG Abenteuer und andere Produkte. Auch hierbei gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zum Thema „Bezahlung“. Denn viele veröffentlichen mit „Pay what you want“. Ich selber habe für mich entschieden, dass ich aber für meine Produkte Geld verlange, weil diese einfach viel Arbeit sind und ich denke, dass diese Arbeit irgendwie honoriert gehört.
Und in unserem Verein in Tirol wollen wir nächstes Jahr (bezahlte) Workshops veranstalten. Ich plane da auch etwas anzubieten und verdiene also wieder ein wenig Geld mit Rollenspiel.
Warum also verlange ich für meine Spielleitungen nichts?
Für mich hatte sich diese Frage bisher einfach noch nie gestellt. Und meine erste Reaktion auf bezahltes Spielleiten war sofort „Nein“. Ich kann gar nicht genau sagen, warum ich diese Reaktion hatte. Zum Nachdenken brachten mich dann Argumente, die mir aufzeigten, dass ich für anderes Unterhaltungsprogramm aber durchaus Geld bezahle. Wenn ich zB eine Stunde in einem Escape-Room verbringe, zahle ich ja auch. Warum bezahle ich diejenigen, die einen Escape-Room planen, aber nicht jene, die eine Session vorbereiten und abhalten? Das brachte mich zum Gedanken, den ich bei den Veröffentlichungen schon hatte. Eine Session zu leiten bedeutet Arbeit und gehört in irgendeiner Form honoriert.
Eine Form der Honorierung gab es bisher aber schon. Denn ich bekam Anerkennung und konnte die lokale Community mit meinen Sessions um viele tolle Leute bereichern. Auch bei nicht lokalen Sessions traf ich immer wieder auf tolle Personen. Und auf jene Menschen kann ich zurückgreifen, wenn ich (Online) Spieler suche. Also habe ich zwar kein Geld dafür bekommen, aber wurde mit Anerkennung, Bekanntschaften, Community-Förderung und einem Spielerpool belohnt.
Dazu kommt noch, dass meine Erfahrung den Arbeitsaufwand mittlerweile schon stark reduziert hat. Ich leite zB bei DnD-Einsteigersessions mein eigenes Einsteigerabenteuer „Stolzfußens Prüfungen“, welches ich fast auswendig kann. Somit ist kaum mehr Vorbereitung nötig. Die Session selber ist für mich immer wieder eine spannende Erfahrung und die Nachbereitung ist auch kaum ein Aufwand mehr.
Wie lautet nun meine Meinung zu bezahlten Spielleitungen im Rollenspiel?
Langsam komme ich zu einem Schluss. Die Honorierung bei meinen Sessions erfolgt darin, dass ich neue Leute für die (lokale) Community gefunden habe. Oder auf online bezogen habe ich mögliche Leute für mein Umfeld gefunden. Sollte ich irgendwo wieder einmal einen Platz frei haben oder etwas spezielles planen, dann habe ich einen Pool von Spieler*innen auf den ich zugreifen kann.
Hingegen gehen die Veröffentlichungen und Workshops weit über mein lokales oder persönliches Umfeld hinaus und bringen mir insofern nicht viel. Deswegen lasse ich mir diese Arbeit mit Geld honorieren.
Das werde ich auch in Zukunft so halten, wobei es aber bereits jetzt und auch zukünftig Arbeiten gibt, die über mein lokales Umfeld hinausgehen und der großen Rollenspiel-Community nutzen und nichts kosten. So veröffentliche ich Begleit-produkte meiner Kampagnen (zB Regeln für Kanonen & Schießpulver für DnD) auch mit „Pay What you Want“, stelle Geschichten (Kampagnen-Tagebücher) zur Verfügung und beschäftige mich bei manchen Projekten oder Vereinen (wie zB dem ivfsf).
Nun weiß ich, wo ich persönlich in der Thematik stehe. Aber wie stehe ich nun generell zu dem Thema SL Mieten? Ich finde es toll, dass es Leute gibt, die als DM for Hire tätig sind. Nicht überall gibt es funktionierende Communities und nicht alle Leute wollen sich in eine Community einbringen, sondern manche wollen einfach nur spielen. Und für diese Leute und vermutlich viele andere ist eine bezahlte SL genau die richtige Lösung.
Ich empfehle den Leuten, dass sie die Angebote der einzelnen Anbieter genauso vergleichen, wie man das auch bei anderen Angeboten tut. Denn nicht jeder GM entspricht den eigenen Vorstellungen. Aber ich glaube mit etwas Suche findet man die passende Spielleitung und kann tolle Abenteuer erleben.
Abschließend wünsche ich allen Spielern viel Spaß und allen bezahlten Spielleitungen viel Erfolg in ihrem Business 😊
Norbert Mösl